Der Messschieber
Was gibt es über Messschieber zu wissen? Welche Messfehler kann es beim Messen geben? Analoger oder doch ein digitaler Messschieber? Dies und noch mehr findest Du hier.
Was ist ein Messschieber?
Meterstäbe kommen und gehen im Leben eines Heimwerkers oder einer Heimwerkerin. Ein guter Messschieber begleitet einen allerdings meist ein Leben lang und gehört zu den meistbenutzten Messwerkzeugen von Längenmaßen überhaupt. Im Vergleich zu einem Meterstab wird der Messschieber immer dann verwendet, wenn es deutlich genauer werden muss, also z. B. beim Vermessen von kleinen Bauteilen oder Bohrungen. Allerdings gibt es vieles zu beachten und darauf möchte ich im Folgenden anhand eines Standardmessschiebers eingehen.
Hinweis: Der Messschieber wird umgangssprachlich auch als Schieblehre, Kaliber oder Schublehre bezeichnet.
Wie ist ein Messschieber aufgebaut?
Ein Messschieber besteht in erster Linie aus zwei Teilen. Einer festen Schiene bzw. Basisstange sowie einem Schieber, welcher auf dieser Stange verschoben werden kann. Am Kopf der Basisstange sind zwei Messschenkel fest mit dieser verbunden. Am Schieber selbst befinden sich ebenfalls zwei Messschenkel, welche sich zusammen mit diesem bewegen lassen – daher wird der Schieber auch als variabler Schenkel bezeichnet. Die langen Messschenkel sind für Außenmaße und die Kurzen für Innenmessungen vorgesehen.
Mit dem Schieber ist meist noch eine Messstange verbunden, welche z. B. die Tiefe eines Gewindes oder Bohrlochs messen kann.
Zudem gibt es eine Feststellschraube, die nach Betätigung verhindert, dass der Schieber verrutscht. Das ist besonders hilfreich, wenn beispielsweise ein Werkstück geprüft wurde und sich das Maß beim Ablegen des Messschiebers nicht verstellen soll, da beispielsweise noch etwas notiert werden muss.
Um das gemessene Maß abzulesen, gibt es eine Skala auf der Basisstange, welche den gemessenen Wert in Millimeter sowie in Zoll (Inch) angibt. Um ein exaktes Messergebnis ablesen zu können, unterstützt der Nonius auf dem Schieber.
Hinweis: Die Außenmessschenkel werden auch als Schnäbel bezeichnet und die Innenmessschenkel als Kreuzschnäbel.
Zusammenfassung des Aufbaus
- Schieber, welcher auf der Basisstange verschoben wird
- lange Messschenkel für Außenmessungen / Außenmaße
- kurze Messschenkel für Innenmessungen / Innenmaße
- Messstange am Schieber für Tiefenmessungen / Tiefenmaße
- Feststellschraube zur Fixierung des Schiebers
- Strichskala für Millimeter sowie Zoll (Inch)
- Nonius für genaues Ablesen des Maßes
Welche Funktionen hat ein Messschieber?
Außenmessungen bzw. Außenmaße
Um ein Außenmaß mit einem Messschieber zu messen, werden die langen Messschenkel verwendet. Damit die Gefahr eines Verkippungsfehlers reduziert wird, ist es wichtig, dass das zu prüfende Teil möglichst nah auf der breiten Fläche der Messschenkel, an der Basisstange, positioniert wird.
Tipp: Wenn Du die Größe einer Schraube bestimmen möchtest, lege diese leicht diagonal zwischen die Messschenkel – so kommt Dir das Gewinde nicht in die Quere.
Einstiche
Da die Messung eines Einstichs durch die breite Auflagefläche der Messschenkel und der Rundung des Einstichs verfälscht werden würde, werden diese mit den vorderen Messflächen für Einstiche gemessen. Durch die Verjüngung der Messflächen kann man diese ohne Probleme im Einstich positionieren und somit ein genaues Messergebnis erhalten.
Innenmessungen bzw. Innenmaße
Das Innenmaß wird mit den kurzen Messschenkeln, welche auch als Kreuzschnäbel bezeichnet werden, gemessen. Die Ermittlung genauer Messerwerte kann mit den kleinen Auflageflächen der Messflächen für Innenmessungen etwas Übung erfordern.
Tiefenmessungen bzw. Tiefenmaß
Auch die Tiefe einer nicht durchgehenden Bohrung oder der Abstand zwischen zwei Oberflächen lässt sich, mithilfe eines Messschiebers und dem eingebauten Tiefenmaß, messen. Dazu werden die Messflächen für Tiefenmessungen auf der Oberfläche positioniert und durch den Schieber wird das Tiefenmaß nach unten ausgefahren.
Hinweis: Um das Messergebnis einer Tiefenmessung nicht zu verfälschen, sollte die Aussparung im Tiefenmaß immer zur Kante zeigen.
Stufenmaß bzw. Abstandsmessung
Zum Messen eines Stufenmaßes oder einer Abstandsmessung wird der Messschieber auf den Kopf gestellt. Dabei wird der feste Messschenkel auf das hervorstehende Bauteil positioniert und die Oberseite der Messfläche für Innenmessungen am Schieber, auf dem kleineren Bauteil.
Messschieber ablesen – wie funktioniert der Nonius?
Der Nonius eines Messschiebers ist auf dem Schieber zu finden. Dabei steht im Regelfall rechts an der Seite der Noniuswert (Noniusteilung). Zum Ablesen des Messwertes wird der Nullstrich des Nonius als Komma betrachtet, d.h. links vom Nullstrich des Nonius werden auf der Strichskala der Basisstange die vollen Millimeter abgelesen und rechts wird der Teilstrich der Noniusskala gesucht, welcher sich am ehesten mit einem Teilstrich der Strichskala deckt. In diesem Beispielbild wäre es das Messergebnis 25,6 mm.
Noniuswert: Die häufigsten Noniuswerte sind der 1/10 Nonius, 1/20 Nonius und der 1/50 Nonius. Das bedeutet, dass man beim 1/10 Nonius einen Abstand der Teilstriche mit 0,1 mm, beim 1/20 Nonius einen Abstand von 0,05 mm und beim 1/50 Nonius nur noch einen Abstand von 0,02 mm hat. Dazu sollte gesagt sein, dass ein korrektes Ablesen der Teilstriche in 0,02 mm Schritten dem menschlichen Auge sehr schwerfällt.
Wie genau ist ein Messschieber?
Je nach Qualität, Verschleiß der Schiebführung und Länge der Messschenkel liegt der Bereich der Messfehler eines Messschiebers zwischen 0,01 mm und 0,2 mm.
Solltest Du präzisere Messungen benötigen, könntest Du z. B. auf eine Bügelmessschraube (Mikrometerschraube bzw. Mikrometer) zurückgreifen.
Wie funktioniert ein digitaler Messschieber?
Im Vergleich zu einem herkömmlichen Messschieber erleichtert das LCD-Display eines digitalen Messschiebers das Ablesen enorm und das Messergebnis ist mit 0,01 – 0,02 mm auf 150 mm etwas genauer. Dabei dient eine Knopfzellen-Batterie als Spannungsquelle für die Messungen.
Die Erfassung des Messwertes mit einem digitalen Messschieber erfolgt im Regelfall durch einen kapazitiven Linearencoder. Dieser Sensor zur Distanzmessung ist in zwei Teile aufgeteilt. Ein Teil des Sensors befindet sich im beweglichen Schieber und der zweite Teil, der sogenannte Stator, unterhalb der Skala im Stab. Der eingebaute Lesekopf im Schieber erzeugt ein elektrisches Feld und liest mithilfe der elektrischen Leiterbahnen des Stators seine exakte Position. Das bedeutet, dass, je nach Position des Schiebers, dieser ein anderes Signal erhält und mithilfe einer digitalen Signalverarbeitung das Signal auswerten und einen korrekten Messwert anzeigen kann.
Digitaler oder analoger Messschieber?
Ob Du Dir einen digitalen oder analogen Messschieber zulegen möchtest, ist wohl eine reine Geschmackssache. Ich habe für mich die Erfahrung gemacht, dass sich ein digitaler Messschieber im privaten Bereich nicht lohnt. Auch wenn die (zum Teil) höhere Genauigkeit sowie die einfache Möglichkeit zum Ablesen klare Pluspunkte für den digitalen Messschieber sind, so ärgert es mich umso mehr, wenn die Batterie wieder leer bzw. ausgelaufen ist oder das Display einen Schaden davongetragen hat – was in einer Werkstatt sehr schnell passieren kann. Ebenfalls sind das Display und die Elektronik sehr anfällig für Staub, Wasser oder Öl. Wenn man diesen allerdings beruflich mehrmals täglich nutzt und dem Messschieber eine Umgebung bieten kann, in welcher er nicht so leicht beschädigt wird, wäre meine erste Wahl ein digitaler Messschieber.
Vorteile und Nachteile von digitalen Messschiebern:
+ leicht abzulesen, daher anfängerfreundlicher
+ etwas genauer
+ Nullstellung an jeder beliebigen Stelle
– anfällig für Beschädigungen
– etwas teurer
– nicht resident gegenüber Staub oder Flüssigkeiten
– benötigt eine Batterie
Vorteile und Nachteile von analogen Messschiebern:
+ robust und hält meist ein Leben lang
+ günstiger als ein digitaler Messschieber
+ keine weiteren Kosten durch z. B. Batteriewechsel
– benötigt etwas Übung beim Ablesen der Nonius-Skala
Was gibt es beim Kauf zu beachten?
Um möglichst eine lange Zeit Freude an Deinem Messschieber bzw. Schieblehre zu haben, solltest Du Dir vor dem Kauf ein paar Gedanken machen.
Wie groß sollte ein Messschieber sein?
Das kommt ganz auf die zu vermessenden Teile an. Reicht Dir ein Messschieber mit einer Skala bis 150 mm oder sollten es 200 – 300 mm sein? Für mich haben bisher 150 mm Länge immer ausgereicht und so erfreue ich mich am geringen Platz, welchen er benötigt.
Was sollte ein Messschieber kosten?
Wie so oft hat Qualität ihren Preis. Da sich jedoch Privatpersonen meist nur einmal einen Messschieber kaufen, lohnt es sich ein paar Euro mehr auszugeben.
Daher empfiehlt es sich bei einem analogen Messschieber im Preisbereich von ca. 30 – 50 € zu schauen und bei einem digitalen Messschieber liegst Du mit ca. 75 € im sicheren Bereich.
Der Vorteil des etwas höherpreisigen Segments ist auch, dass hierbei oft eine Box bzw. Etui zur Aufbewahrung mitgeliefert wird. Somit ist Dein Messwerkzeug immer sicher aufbewahrt.
Welche Qualitätsmerkmale gibt es bei Messschiebern?
Du solltest darauf achten, dass der Messschieber keine Kanten mit einem Grat oder Macken hat. Ebenso ist es wichtig, dass die Kanten eine schöne Kontur haben, aber dennoch nicht scharfkantig sind. Der Schieber sollte sich relativ straff auf der Führung bewegen lassen und darf sich auf keinen Fall von selbst verstellen oder sogar Spiel haben. Bei den Messschenkeln solltest Du ein Auge darauf werfen, dass, wenn der Messschieber auf 0 mm gestellt ist, es keinen Lichtspalt zwischen diesen gibt.
Welche Ausstattung sollte ein Messschieber haben?
Wenn der Messschieber Deiner Wahl Schenkel zur Außen- sowie Innenmessung, ein Tiefenmaß, eine Feststellschraube und eine Möglichkeit zur Feineinstellung hat, bist Du bereits bestens versorgt. Ein Bonus ist aber immer eine Aufbewahrungsbox – damit ist er geschützt und hat seinen Platz.
Nach welcher DIN sollte ein Messschieber gefertigt sein?
Ein klassischer Messschieber sollte nach DIN 862 gefertigt sein.
Digitaler oder analoger Messschieber?
Eine ausführliche Behandlung dieses Punktes sowie Vor- und Nachteile findest Du hier.
Welche Genauigkeit sollte ein Messschieber haben?
Nähere Informationen zur Genauigkeit eines Messschiebers gibt es in diesem Absatz.
Welche Messfehler kann es geben?
Immer, wenn es etwas genauer zu Sache geht, kann es leicht zu Fehlern kommen – so sind Messfehler bei einem Messschieber oftmals keine Seltenheit. Bei diesen Messfehlern bzw. Messabweichungen wird zwischen systematischen Messabweichungen und zufälligen Messabweichungen unterschieden. Wie immer gilt auch hier das Motto: „Übung macht den Meister“.
Was sind systematische Messabweichungen?
Verschleiß: Ein Messschieber kann mit der Zeit Spiel bekommen, die Messschenkel nutzen sich ab oder verbiegen sich ggf. sogar. Daher sollte regelmäßig geprüft werden, ob Licht zwischen den zusammengeschobenen Messschenkeln durchscheint.
Fehlerhafte Kalibrierung: Wenn bei einem digitalen Messschieber der Nullpunkt falsch gesetzt wurde, haben alle Messungen eine Abweichung.
Temperatur: Um ein gleichmäßiges Messergebnis zu erhalten, sollten die Werkstücke immer bei derselben Temperatur gemessen werden. Im Normalfall liegt diese bei 20°C.
Was sind zufällige Messabweichungen?
Parallaxefehler: Wenn man nicht senkrecht auf die Skala schaut, kann es sein, dass eine optische Verschiebung zwischen der Skala und des Noniuses vorliegt. Dadurch kann es zu Ablesefehlern kommen, welche als Parallaxefehler bezeichnet werden.
Verunreinigte Messfläche: Die Messflächen des Messschiebers sowie des Werkstückes sollten für ein korrektes Messergebnis immer gereinigt sein.
Grat: Oftmals hat eine Kante des Werkstückes noch einen Grat, welchen es an einer anderen Stelle nicht hat. Dadurch kann es zu Messabweichungen kommen.
Kippfehler: Um diesen Fehler zu vermeiden, ist Feingefühl gefragt. Ein Kippfehler entsteht, wenn beim Messen mit einem Messschieber zu viel Kraft auf den Schieber ausgeübt oder das Werkstück zu weit außen zwischen den Messschenkeln positioniert wird. Da der bewegliche Messschenkel immer ein geringes Spiel hat und das Messobjekt seitlich liegt, kann dieser wegkippen.
Anreißen mit einem Messschieber
Gelegentlich zeigen Videos, dass der feste Messschenkel eines Messschiebers zum Anreißen von Metall oder Holz verwendet wird. Da es sich bei einem Messschieber um ein Präzisionsmesswerkzeug handelt, sollte man diesen auch dementsprechend behandeln. Auch wenn ein einmaliges Anreißen keine dauerhaften Schäden verursacht, wird der Verschleiß bei einer entsprechenden Regelmäßigkeit deutlich erhöht. Um möglichst lange Freude mit diesem Werkzeug zu haben, rate ich vom Anreißen mit einem Messschenkel dringend ab. Stattdessen könntest Du den Messschieber wie bei einer Stufenmessung verwenden und entlang des Kopfes mit einem Stift oder einer Reißnadel eine Markierung setzen.